Resozialisierung im Strafvollzug

Thomas Fischer, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, spricht Bekanntes kolumniszierend aus:

Ich halte es für unerträglich und verlogen, dass, wie, in welchem Ausmaß und mit welch merkwürdiger Energie verantwortliche Politiker und Verwaltungen seit vielen Jahren das gesetzlich verankerte Strafvollzugsziel der Resozialisierung missachten und in sein Gegenteil verkehren, um populistischen Stimmungen gerecht zu werden. Der Strafvollzug ist erbärmlich ausgestattet, ineffektiv und reformbedürftig. Stattdessen hat sich der Bund aus der Verantwortung verabschiedet; die Länder machen die Standards, wie sie wollen. Wenn die Resozialisierung „nicht klappt“, werden irgendwelche Strafen erhöht oder notfalls Minister entlassen. Dabei wäre es nach ganz einhelliger Meinung aller Sachverständigen einfach nur erforderlich, die eingesetzten Personalmittel zu verdreifachen. Die gesellschaftlichen Kosten wären wesentlich niedriger als heute, der Nutzen evident.

Quelle: Zeit Online
Deckt sich im Wesentlichen mit meinen Erfahrungen aus dem Knast.

Bamberger JVA-Verhältnisse – und die Frage der Zellengröße

imageDie JVA Bamberg befindet sich auf dem Gelände der privaten Stiftung Elisabethenspital aus dem 14. Jahrhundert in Bamberg unterhalb des Dombergs im Stadtteil Sand.

Die 1995 für 18,2 Millionen DM sanierte Haftanstalt hat eine Belegungsfähigkeit von 212 Haftplätzen im Erst- und Regelvollzug, darunter 25 Frauen und 27 im offenen Vollzug. Im Volksmund wird die Anstalt wegen ihrer Lage an der Oberen Sandstraße auch Café Sandbad genannt. Es ist ein Neubau geplant

Die Haftbedingungen sind sehr beengt. Das hat ein Häftling zum Anlass genommen wegen seiner Haftbedingungen Schadensersatz vom Freistaat Bayern zu fordern. Für die Klage begehrte er Verfahrenskostenhilfe. Die ihm durch die Bamberger Justiz versagt worden war. Die hiergegen gerichtet Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt:

Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung ist die Frage nach der Menschenwürdigkeit der Unterbringung von Strafgefangenen von einer Gesamtschau der tatsächlichen, die Haftsituation bestimmenden Umstände abhängt, wobei als Faktoren in räumlicher Hinsicht in erster Linie die Bodenfläche pro Gefangenen und die Situation der sanitären Anlagen, namentlich die Abtrennung und Belüftung der Toilette, zu beachten sind1 und als die Haftsituation mildernde oder verschärfende Merkmale der Umfang der täglichen Einschlusszeiten und die Belegdichte des Haftraums Berücksichtigung finden.

Die Frage, wie diese Faktoren zu bewerten sind und insbesondere, ob oder unter welchen Bedingungen – wie es die angegriffenen Entscheidungen für ausreichend halten – auch eine anteilige Grundfläche von unter 6 m² pro Gefangenen den Anforderungen der Menschenwürdegarantie genügen kann, ist in der Rechtsprechung nicht geklärt.
Allerdings lässt sich die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Haftanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen dessen Menschenwürde verletzt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben. Danach kann es die Klärung eines verfassungsmäßigen Raummindestsolls im Sinne schematisch festgelegter allgemeiner Maßzahlen nicht geben. Dies stellt jedoch nicht in Frage, dass es für die Anforderungen an menschenwürdige Haftbedingungen der Herausbildung auch übergreifender Grundsätze und Unterscheidungsmerkmale bedarf, die sowohl den Betroffenen als auch den Behörden Kriterien an die Hand geben, die die Beurteilung der Menschenwürdigkeit der Unterbringung hinreichend vorhersehbar machen.
Diese Anforderungen sind zurzeit nicht geklärt und werden von den Gerichten verschieden beurteilt.
So setzt die obergerichtliche Rechtsprechung bei mehrfach belegten Hafträumen zum Teil Regelwerte von 6 m², zum Teil auch von 7 m² Bodenfläche pro Gefangenen an. Deren Unterschreitung wird zum Teil als Menschenwürdeverletzung beurteilt, wenn zugleich die Toilette nicht abgetrennt beziehungsweise nicht gesondert entlüftet ist. In anderen Fällen haben Fachgerichte eine Verletzung der Menschenwürde unabhängig hiervon allein wegen der Unterschreitung eines gewissen Bodenflächenmaßes bejaht, da die räumliche Enge eine Bewegung und Entfaltung der Gefangenen nicht erlaube.

Die Oberlandesgerichte Hamm und Düsseldorf setzen einen fixen Schwellenwert von 5 m² Grundfläche pro Gefangenen an, dessen Unterschreitung ungeachtet anderer Parameter eine Menschenwürdeverletzung bedinge. Bezüglich der Unterbringung in einem Einzelhaftraum hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin eine längere Unterbringung in einem 5, 25 m² messenden Einzelhaftraum ohne abgetrennte Toilette für menschenwürdewidrig befunden und das Hauptaugenmerk auf die beengte Haftsituation gelegt.

Angesichts der Rechtsprechung kann nicht als geklärt gelten, dass und unter welchen Umständen eine Haftraumfläche wie hier von weniger als 6 m² den Erfordernissen der Menschenwürdegarantie des gemeinschaftlich untergebrachten Untersuchungsgefangenen entspricht.

Indem das Landgericht Bamberg und das Oberlandesgericht Bamberg der beabsichtigten Amtshaftungsklage ungeachtet dieser ungeklärten Rechtsfrage die Erfolgsaussicht von vornherein abgesprochen und Prozesskostenhilfe verweigert haben, haben sie den Anspruch des Untersuchungshäftlingss auf Rechtsschutzgleichheit verletzt.

Die für die Beurteilung des Begehrens des Untersuchungshäftlingss maßgeblichen Rechtsfragen durften nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagert werden, sondern bedürfen einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren, die es dem Untersuchungshäftlings auch ermöglicht, diese gegebenenfalls einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13. Juli 2016 – 1 BvR 183/12

Hierzu weiter:
1. vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.07.2015 – 1 BvR 1127/14, NJW 2016, S. 389, 390; Beschluss vom 22.03.2016 – 2 BvR 566/15
2. beispielhaft BGH, Urteil vom 04.07.2013 – III ZR 342/12, BGHZ 198, 1
3. vgl. BGH, Urteil vom 11.03.2010 – III ZR 124/09, NJW-RR 2010, S. 1465
4. vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.07.2003 – 3 Ws 578/03, NJW 2003, S. 2843, 2845; OLG Hamburg, Urteil vom 14.01.2005 – 1 U 43/04 42; OLG Koblenz, Urteil vom 15.03.2006 – 1 U 1286/05 11 ff.
5. so OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21.02.2005 – 3 Ws 1342 – 1343/04 [StVollz] u.a., NStZ-RR 2005, S. 155, 156: Menschenwürdeverletzung bei 3, 85 m² pro Gefangenen in Mehrfachbelegung bei abgetrennter Toilette; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 19.06.2008 – 11 U 24/07 26: 3, 75 m² pro Gefangenen bei hinzukommender Erschwernis der nicht abgetrennten Toilette
6. vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.11.2011 – I-18 W 31/11, 18 W 31/11, juris; OLG Hamm, Urteil vom 29.09.2010 – 11 U 88/08, I-11 U 88/08, juris; Urteil vom 18.03.2009 – 11 U 88/08, juris; Beschluss vom 25.03.2009 – 11 W 106/08, NStZ-RR 2009, S. 326
7. vgl. BerlVerfGH, Beschluss vom 03.11.2009 – VerfGH 184/07, LKV 2010, S. 26
8. weitere Nachweise in BVerfGK 12, 417, 420 f. sowie BGHZ 198, 1, 4 ff.
9. LG Bamberg, Beschluss vom 16.08.2011 – 1 O 258/11
10. OLG Bamberg, Beschluss vom 20.12 2011 – 4 W 104/11

Zeitschriftenverbot im Knast?

imageZeitschriftenverbot im Knast?

Strafgefangenen in Nordrhein-Westfalen dürfen legale Zeitschriften nicht vorenthalten werden. Ein Gefängnis im Ruhrgebiet wollte einem Inhaftierten das „gefangenen info“ nicht aushändigen, weil die Zeitung generell zu kritisch und angeblich diffamierend über den Strafvollzug berichte.

Der im Jahre 1977 geborene Betroffene verbüßt eine Haftstrafe in einer im Ruhrgebiet gelegenen Justizvollzugsanstalt. Seit Anfang des Jahres 2015 bezog der Betroffene die acht Mal jährlich erscheinende Zeitschrift “gefangenen info”. Diese Zeitschrift entwickelte sich aus der Zeitschrift “Angehörigen Info”, die wiederum aus der zu Zeiten inhaftierter RAF-Terroristen gegründeten Zeitschrift “Hungerstreik Info” hervorgegangen ist. In der etwa 20 bis 30-seitigen Zeitschrift “gefangenen info” werden regelmäßig Themen wie (Solidaritäts-) Hungerstreiks, “Isolationshaft”, Unterbringungen im “Bunker”, Maßnahmen einzelner Justizvollzugsanstalten und/oder bestimmter Bediensteter, Haftbedingungen, Missstände, Prozessberichte sowie die Straftatbestände über die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen (§§ 129 ff StGB) erörtert.
Das Oberlandesgericht Hamm legt in seinem Beschluss vom 10.5.2016 das Strafvollzugsgesetz anders aus. Danach dürfen Publikationen nur dann grundsätzlich zurückgehalten werden, wenn ihre Verbreitung insgesamt mit Strafe oder Geldbuße bedroht sei. Sei das Blatt nicht verboten, müsse die Anstalt im Zweifel jede Ausgabe prüfen und entscheiden, ob sie das Vollzugsziel bzw. die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet (Aktenzeichen 1 Vollz (WS) 1/16).

http://www.gefangenen.info/

Bonnie und Clyde-Syndrom

„Gefährliche Liebe im Knast“.

Mit diesem Aspekt beschäftigt sich die Neue Zürcher Zeitung in einem beachtenswerten Artikel in ihrer Ausgabe vom 13.5.2016.

Anlass des Berichts ist das Abenteuer von Angela Magdici und Hassan Kiko. Die Schweizer Gefängnisaufseherin hat in einer Nacht- und Nebelaktion ihren Geliebten Hassan Kiko aus einem schweizer Gefängnis entweichen lassen. Anschliessend flüchteten beide nach Italien, wo sie festgenommen worden waren. Während der wegen zweier Sexualdelikte vorbestrafte und in einem weiteren Fall noch nicht rechtskräftig verurteile Syrer in Italien auf seine Auslieferung in die Schweiz wartet, befindet sich sich die Gefängniswärterin wieder in der Schweiz und auf freiem Fuss. Sie könnte für die Fluchthilfe mit einer bedingten Freiheitsstrafe davonkommen, während sich ihr Geliebter mit dem Ausbruch aus dem Gefängnis nicht strafbar gemacht hat, weil Selbstbegünstigung durch Selbstbefreiung aus behördlichem Gewahrsam auch in der Schweiz nicht geahndet wird. 

«Liebesbeziehungen zwischen Gefängnisangestellten und Gefangen enden fast immer in einer Tragödie – die beiden sind schlicht zu ungleich, als dass die Beziehung bestehen könnte», sagt Philippe Bensimon von der Université de Montréal. Der kanadische Kriminologe hat sich intensiv mit dem in der Fachwelt als  Hybristophilie bezeichneten Phänomen beschäftigt und jüngst darüber eine Studie auf dem Fach­portal «Délinquan­ce, justice et autres questions de société» veröffentlicht http://bit.ly/1rxOH4 m. Seine zentrale Erkenntnis: Solche Romanzen sind weiter verbreitet, als man denkt, trotzdem gehen die Behörden der Problematik lieber aus dem Weg. 

Hybristophilie: 4%

So gross ist laut Schätzungen in den USA der Anteil von Angestellten in Gefängnissen, die sich auf eine Liebesbeziehung mit Gefangenen einlassen.

«Jedes Gefängnis in der westlichen Welt ist davon betroffen, aber die Gefängnisverwaltungen weigern sich, darüber zu reden, dass es amouröse und sogar sexuelle Beziehungen zwischen Angestellten und Gefangen gibt», erklärt Philippe Bensimon. Einigermassen verlässliche Zahlen zur Häufigkeit solcher Beziehungen existieren nur in den USA. In der amerikanischen Gesetzgebung wird der Begriff des sexuellen Fehlverhaltens so breit aufgefasst, dass schon blosse Verliebtheit zwischen Angestellten einer Vollzugsanstalt – seien es Aufseher, Psychologen oder Sozialarbeiter – und Gefangenen darunterfällt und sanktioniert wird.

Um Gefangene zu schützen, werden sexuelle Kontakte gemäss dem Prison Rape Elimination Act von 2003 verfolgt und mit mindestens zwei Jahren Gefängnis bestraft – selbst wenn der Austausch in gegenseitigem Einvernehmen erfolgt. 2006 wurden den Justizbehörden in den USA 60 500 Fälle von sexuellem Fehlverhalten gemeldet – bei einer Gefängnis­popula­tion von 1,6 Millionen Menschen. «In 20 Jahren gab es rund eine Million Fälle», so der Kriminologe Bensimon. 

Auch in Deutschland ist die Gefangenenbefreiung durch § 120 StGB explizit unter Strafe gestellt. Dabei kann – außer dem Flüchtenden selbst – grundsätzlich jeder Täter sein, als auch Mitarbeiter der JVA.

Statistiken hierzu gibt es in Europa keine, Bensimon hat aber rund 300 Fällen zusammengetragen, über die in europäischen und nordamerikanischen Medien zwischen 2005 bis 2015 berichtet wurde. 

«Man kann diese Art von Beziehungen nicht verbieten. Wird aber nicht einmal darüber geredet, bleiben die Probleme bestehen.»

Aus den USA ist auch bekannt, dass aufseiten des Personals mehrheitlich Frauen von dem Phänomen betroffen sind. Letztes Jahr ist eine Studie zum Schluss gekommen, dass an rund drei Vierteln aller Fälle sexuellen Fehlverhaltens weibliche Angestellte beteiligt sind, obwohl diese nur einen Drittel des Gefängnispersonals ausmachen. Dieser Umstand hat laut Bensimon damit zu tun, dass in den therapeutischen Bereichen von Gefängnissen, etwa bei der psychologischen oder sozialtherapeutischen Betreuung von männlichen Gefangenen häufiger Frauen als Männer tätig sind. «Ich denke nicht, dass die Frauen generell anfälliger sind, aber die Situation in einem Gefängnis lässt sich mit nichts vergleichen», sagt der erfahrene Kriminologe. Unter Gefangenen herrsche ein «hypersexualisiertes Milieu», in dem Frauen geradezu vergöttert würden. «Führt eine Gefängnisangestellte ein normales, emotional ausgeglichenes Leben, lässt sie sich davon nicht berühren. Hat sie aber persönliche Probleme, ist sie im Kontext eines Gefängnisses besonders gefährdet.» Philippe Bensimon wirft den Gefängnisverwaltungen vor, sie würden das Thema auch deshalb lieber nicht anschneiden, weil sie wegen des grösseren Frauenanteils aufseiten der beteiligten Angestellten Angst hätten, sich dem Vorwurf des Sexismus auszusetzen. 

«Ist man im Justizvollzug während Jahren mit einem Gefangenen konfrontiert, ist es völlig normal, dass sich eine gewisse Empathie entwickelt», sagt Bensimon. «Man muss sich dessen jedoch bewusst sein und damit umgehen können.» Der Kriminologe verlangt deshalb, dass die persönliche Eignung des Personals bei der Rekrutierung besser geprüft und das Thema «Beziehungen mit Gefangenen» in der Ausbildung endlich explizit angesprochen werde. «Man kann diese Art von Beziehungen nicht verbieten – das ist unmöglich. Wird aber nicht einmal darüber geredet, bleiben die Probleme bestehen», sagt Bensimon.

http://www.nzz.ch/nzzas/nzz-am-sonntag/wissen-gefaehrliche-liebe-im-knast-ld.82387

Der „dümmste Staatsanwalt der Welt, der schielt, zu klein ist …..“

so hat ein in Haft sitzender Lebemann den gegen ihn tätig gewordenen bayerischen Staatsanwalt in einem Brief aus der JVA bezeichnet.

Die Reaktion des Amtsgerichts Augsburg: 60.000 € Geldstrafe.

Das tat weh. Deshalb Berufung. Das Landgericht hat die Sache nochmal bedacht und kam nun zu dem Ergebnis: Freispruch.

In der Urteilsbegründung hat es ausgeführt, dass der Brief mit seinem Inhalt nur für eine Person, dem Empfänger, bestimmt war und nicht für die Öffentlichkeit und somit der Tatbestand der Beleidigung nicht erfüllt ist.

Zudem hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Briefzeilen „definitiv keine Schmähkritik“ darstellen.

Da haben Richter Rückgrat bewiesen.

Zum Inhalt von Briefen an Gefangene habe ich bei der Recherche einen interessanten Artikel gefunden. Hier der Link.

Theorie und Wirklichkeit

Fischer im Recht

„Strafvollzug

Bürokratie. Abgewetztheit. Entpersönlichung. Vorschriften für alles, gegen alles. Gibt es keine Verwaltungsvorschrift, gibt es kein Problem. Keine Ausnahmen, außer für potenziell alles. Verwaltung von Menschen, als seien sie Sachen. Strafe: nichts wert sein. Warten, warten, warten, auf alles. Auf die Zuteilung von Zeit und Chancen. Von ein bisschen Freiraum.

Und wer ist noch hier? Unsereins, und ein paar andere. Dumme Menschen, ungebildete Menschen, zerstörte und zerstörerische. Wert ist: Kraft, Gewalt, Coolness, Nervenstärke, wie auch immer.

Alle warten. Auf den Umschluss, auf den Aufschluss, auf den Arzt, auf den Besuch, auf die Halbstrafe, auf nächsten Monat, auf morgen. Keiner hat gelernt zu warten.
95 Prozent Kumpels ohne jede Kompetenz in Planung, Erfolg, Eigenständigkeit, Enttäuschungsverarbeitung. Menschen von unvorstellbar primitivem Charakter, die sich als Herren des Duschraums oder des Aufschlusses fühlen. Und die gewinnen.
Subutex, Alkohol, Heroin, Crystal, Ecstasy, Amphetamin. Abhängigkeit überall, mal weinerlich, mal gewalttätig, mal selbstgewiss. Schweiß. Gestank. Lautstärke. Bodybuilding, Käsefüße, Im-Kreis-Rennen, Sex – oder was dafür gehalten wird.“

(Fischer im Recht / Schuld und Sühne IV in ZeitOnline vom 5.4.2016)

Es stellt sich die Frage, ob er es auf den Punkt bringt oder nicht.